Kirchenführung

Der freundliche, helle Kirchenvorplatz lädt zu einem Besuch des Gotteshauses ein. Beginnen wir mit der Betrachtung von außen:

Auf dem Kirchturm ist eine Weltkugel mit einem Kreuz zu sehen - "Christus ist Herr der Welt." Rechts vom Haupteingang grüßt den Betrachter an der Außenwand ein Relief aus dunklem Sandstein von Helmuth Uhrig. Es stellt die Stillung des Sturmes durch Jesus auf dem See Genezareth dar. Christus grüßt auf diese Art bereits am Eingang als wollte er sagen: "Ich bin der Herr, dein Gott. Habe keine Furcht."

Durch den Windfang gelangen wir rechts in das Kirchenschiff. Eine freundliche, helle Stille umfängt den Betrachter. Kein Straßenlärm stört hier die Andacht. Statt transparenten Fenstern sehen wir zur Linken wie zur Rechten Kunstwerke aus farbigem Glas des Ravensburger Glasmalers Hans Bernhardt. Das Kirchenjahr wird in der Kirche als Christusjahr dargestellt durch die farbigen, bleiverglasten Fenster und die Altarraumgestaltung. Beginnen wir links mit unserem Rundgang.

Vier kleine Fenster schmücken die linke Seite. Die Leuchtkraft der Fenster mit abstrakten Darstellungen nimmt mit jedem Fenster zu. Ebenso die Zahl der Lichtpunkte, der Kerzen: "erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier". Sie symbolisieren den Beginn des Kirchenjahres, den Advent und führen zum linken großen Fenster im Altarraum. Hier durchbricht beschienen vom Stern von Bethlehem der Engel der Verkündigung die dunkle Wolke der Last der Welt mit der frohen Botschaft: "Christus der Heiland der Welt ist geboren."

Ruhig und schwer gibt sich der etwas erhöhte Altar in der Mitte seines Raumes.

Bis zum Kirchenbrand an Palmsonntag 2008 war auf ihm ein leeres Kreuz als Zeichen der Auferstehung Christi zu sehen. Drei Kerzen zur Linken und zur Rechten flankierten das Altarkreuz. Erinnerungen an den siebenarmigen Leuchter der Juden sollten wach werden. Die mittlere der sieben Kerzen gilt ihnen als Symbol der Hoffnung auf den kommenden Messias. Folgerichtig wurde diese mittlere Kerze durch das leere Altarkreuz des auferstandenen Christus ersetzt: "In Christus ist der Messias erschienen."

Über dem Altar befand sich eine überlebensgroße Plastik aus Limbaholz von Helmuth Uhrig (Stuttgart). Sie zeigte Christus sitzend als Weltenrichter mit geschlossenen Augen. Mit erhobener Schwurhand bekundete er die Erfüllung der Verheißung Gottes zur Rettung der Menschheit, die an ihn glaubt. Er sitzt auf dem unsichtbaren Thron der Herrlichkeit. Seine linke Hand zeigt nach unten und es bleibt dem Betrachter überlassen, dies zu deuten: als Hand der Verdammnis der Ungläubigen oder als Retterhand für die Ertrinkenden? Oder beides?

Seit der durch den Kirchenbrand notwendig gewordenen Renovierung hat der Altarraum ein neues Gesicht bekommen. Das Altarkreuz und die Christusplastik wurden zugunsten eines großen Kreuzes des Sigmaringer Künstlers Jürgen Schulz-Lorch entfernt.

Dieses Kreuz verschweigt das Leiden nicht: Da ist etwas durchbohrt und die verschiedenen Teile sind noch nicht wirklich eins. Doch überwiegend erzählt das Kreuz von der strahlenden Osterfreude: Die goldenen Balken zentrieren und verbinden unten (Erde) und oben (Himmel), rechts und links (die anderen und ich selbst), Vordergründiges und Hintergründiges. Die Farben weiß und hellblau erinnern an den Himmel und Christus (Christusfarbe weiß). Die geschwungene Linie und der gebogene Balken bringen Leichtigkeit und eine Aufwärtsbewegung mit hineien.

So steht dieses Kreuz dafür,

  • dass Gott die Wunden in unserem Leben und in aller Welt verbinden will, aufdass sie heilen können,
  • dass Gott in unserem Leben und in aller Welt zusammenbringen will, was zerrissen und getrennt ist,
  • dass Gott eine Verbindung zwischen Himmel und Erde für uns und die ganze Welt ermöglicht, indem sein Segen aus der Höhe zufließt.

Die Stationen des Christusjahres - Karfreitag, Ostersonntag und Himmelfahrt - sind durch diese Altarraumgestaltung ganz eng zusammen gerückt.

Unser Blick gleitet vorbei am Eingang zur Sakristei hin zu den fünf großen lichtdurchfluteten Fenster an der Süd-Ostseite des Raumes. Die Schönheit und Aussage dieser fünf Fenster erschließt sich dem Betrachter richtig erst als Ganzes. Sie haben den dritten Glaubensartikel zum Thema: die Ausgießung des heiligen Geistes (Pfingsten) bis hin zum Glauben an das ewige Leben (Ewigkeitssonntag).

Allen Fenstern ist eines gemeinsam: In die bildhafte Darstellung ist jeweils das Kreuz des Heils verwoben als Verbindung zwischen dem zweiten und dritten Glaubensartikel. Der Glaube an Christus schließt ein, dass er uns seinen Geist sendet.

Die fünf Fenster sind gemeinsam Lichtspender für den Innenraum. Im Falle des Sonnenscheins erfreut sich der Kirchenbesucher an einer wunderschönen Fülle von Farben. Die Fenster und ihre Bedeutung nach dem dritten Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses.

  • 1. Fenster: „Ich glaube an den Heiligen Geist ...“ Zur Darstellung dieser Aussage bediente sich der Künstler einer Taube. Die Taube ist das Symbol des Heiligen Geistes sowie der Sanftheit und der Arglosigkeit.
  • 2. Fenster: „... an die heilige christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen ...“ Die Darstellung dieser Glaubensaussage erfolgt mit Hilfe eines Schiffes mit einem Kreuz als Mast. Jesus ist die Mitte der Gemeinde. Das Schiff ist Symbol der Kirche. Die Besatzung sind die Gläubigen gescharrt um den Mast.
  • 3. Fenster: „... an die Vergebung der Sünden ...“ Diese Aussage wird bildhaft dargestellt mit Hilfe des paradiesischen Apfelbaumes und der Schlange als Verführerin zur Sünde. Über allen steht jedoch das Kreuz als Zeichen der Erlösung, aus dessen Holz bereits Zweige deutlich sichtbar als neues Leben sprießen. Die Schlange jedoch verlässt den Baum und kriecht davon. Der Mensch wird durch den Kreuztod Jesu von der Sünde befreit.
  • 4. Fenster: „... an die Auferstehung der Toten ...“ Hier greift der Künstler auf die alttestamentliche Geschichte von Jona im Bauch des Fisches zurück. Jesus selbst vergleicht seinen Tod und seine Auferstehung mit dem Schicksal des Jona, der nach drei Tagen vom Fisch ausgespieen wurde und so wieder leben konnte. Das Kreuz macht deutlich, dass dieses Geschehen uns zum Heil wird.
  • 5. Fenster: „... und an das ewige Leben.“ Das himmlische Jerusalem, so wie es in der Offenbarung des Johannes beschrieben wird, als Stadt aus dem Himmel herabkommend, das ist das Symbol für ewiges Leben in der Darstellung des Künstlers. Die Stadt der Herrlichkeit, Jerusalem, steht am Ende der 5-teiligen Bilderfolge an der Süd-Ostseite der Kirche und gleichsam der Menschheit als Ziel vor Augen.

So schließt sich der Jahreskreis, der mit dem Advent begann, hier am Ewigkeitssonntag, dem letzten Sonntag des Kirchenjahres.

Die Christuskirche versteht sich als sakrales Bauwerk der 50er Jahre, als typischer Bau einer Architektur der Nachkriegszeit. Dies gilt für den Baukörper genauso wie für die Ausstattung des Innenraumes der Kirche. Sie hat ihren Zustand, so wie sie 1957 fertig gestellt wurde, bis heute erhalten und manch einer versteht sie bereits als Zeitzeugnis einer vergangenen Epoche der Kirchenarchitektur.

Ulrich Woyte u. a.